Eine Straße in Walbeck erinnert nun an Walter Kolb. Mehr als zehn Jahre war er als Frankfurter Oberbürgermeister ein prägender Politiker der Nachkriegszeit. Im Jahr 1927 führte er kommissarisch die Amtsgeschäfte in Walbeck und brachte mit seinen Ideen Schwung ins Dorf
WALBECK Werden neue Baugebiete erschlossen, braucht es auch neue Straßennamen. So auch fürWalbecks letztem großen Baugebiet„Am Erlkönig“ , wo inzwischen die ersten Häuser fertiggestellt wurden. Ein neuer Straßenname, der aus der Politik oder auch aus dem Ort selbst vorgeschlagen werden kann, wurde auch schnell gefunden. Der Kulturausschuss der Stadt Geldern als Entscheidungsins- tanz genehmigte den Straßennamen „Walter-Kolb-Straße“ , der aus der Politik vorgeschlagen wurde.Wer war Walter Kolb? Das werden sich sicher schon viele Walbecker – gerade der jüngeren Generation – gefragt haben. Kolb gehörten der Nachkriegszeit als Oberbürgermeister von Frank- furt am Main zu den schillerndsten und charismatischsten Politikern Deutschlands. Mit Kolb ist aber auch ein Stück Walbecker Dorfgeschichte verbunden, die vor beinahe 100 Jahren ihren Anfang na Walbecker Bürgermeister Wilhelm Dietzler. Da der Gemeinderat sich nicht auf einen Nachfolger einigen konnte, beauftragte die Regierung in Düsseldorf den jungen Referendar Walter Kolb – er war 25 Jahre alt – mit der Verwaltung der Gemeinde als kommissarischer Bürgermeister. Seine Amtszeit endete bereits am 31. August 1927. Danach war Hans Corsten Bürgermeister vonWalbeck. Trotz se ner kurzen Amtszeit im Spargeldorf hatte der junge Regierungsreferendar schon früh die Bedeutung Walbecks als Kur- und Erholungsort erkannt, gründete einen Verkehrsverein und begann im damals noch recht ver- schlafenen Heidedorf zum ersten Mal eine erfolgreiche Fremdenverkehrswerbung. Als erste Werbeaktion des neuen Vereins wurden 13 Ansichtskarten in Auftrag gegeben, die den Schriftzug „Luftkurort Walbeck“ trugen. Die Idee zu diesem Projekt hatten der Heimat- und Mundartdichter Jakob Schopmans (1892-1977) und Wal- ter Kolb. Beide gestalteten 1927 auch einen Werbeprospekt mit dem Titel „Luftkurort Walbeck (Niederrhein)“ . Er beinhaltet touristische Hinweise auf die Schönheiten des Dorfes und seiner Umgebung. Bemerkenswert ist, dass in einer Auflistung von Gas- tronomiebetrieben und Geschäften unter Nummer „1. “ aufgeführt ist: „Cafe-Restaurant Köbkes Konditorei, kalte und warme Speisen zu jeder Tageszeit. Gastwirtschaft Jakob INFO Politische Stationen von Walter Kolb Geboren 23. Januar 1902 in Bonn Gestorben 20. September 1956 in Frankfurt/Main Weimarer Republik Nach Jura- studium von 1924-1933 im preußischem Verwaltungsdienst. 1932 jüngster preußischer Landrat der Stadt Schmalkalden 1933 Entlassung aus dem Staats- dienst durch die Nationalsozialisten wegen politischer „Unzuverlässigkeit“ 1945 kurze Zeit Oberstadtdirektor/ Oberbürgermeister der Stadt Düs- seldorf 1946 Von 1. August bis zu seinem Tode Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt. Walter Kolb war nach dem Krieg Oberbürgermeister von Frankfurt. Am 1. September 1927 wurde der Regierungsreferendar Kolb in einer Feierstunde offiziell aus Walbeck verabschiedet. Er übernahm bei der Düsseldorfer Regierung ein neues Amt. Lehrer Backes als Vorsitzender der Zentrumsfraktion und Sprecher der genannten Gemeindevertretung sprach Kolb für seine zumWohleWal- becks erworbenen Verdienste den „herzlichsten Dank“ aus. Nach der Abberufung aus Walbeck trat Walter Kolb, der studierter Jurist war, wieder in denVerwaltungsdienst ein, war 1932 in Preußen der jüngste Landrat (Schmalkalden). Als aktives SPD-Mitglied wurde er nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 wegen politischer „Unzuverlässigkeit“ aus dem Staatsdienst entlassen. Bis 1941 arbeitete er in Bonn als Rechtsanwalt, wiederholt durch Gestapo-Haft und Gefängnis unterbrochen, danach diente Kolb bis zum Ende des Krieges in der Wehr- macht als Flakhelfer. 1945 wurde er Mitglied des Provinzialrates und des Wirtschaftsrates für die britische Zone. Nach dem Zusammenbruch war er zunächst kurze Zeit Oberstadt- direktor und Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf.Walter Kolb ging alsbald nach Frankfurt. Vom 1. Oktober 1946 bis zu seinem Tod war er Oberbürgermeister der Main-Metropole, deren geistigen und wirtschaftlichen Wiederaufbau er wesentlich förderte und um den er sich mit seiner Arbeit große Verdienste erworben hat. Was Ernst Reuter für Berlin war, war Walter Kolb für Frankfurt. Seit 1950 gehörte er auch dem hessischen Landtag an. Kolb hatte zahlreiche Ehrenämter inne. Er gehörte zu den Männern, die den Deutschen Städtetag nach 1945 wieder aufgebaut haben. Ferner war er Präsident des Deutschen Turner-Bunds, Mitgründer des Deutschen Tierschutzbundes, dessen Präsident er war. Die zeitlebens bestandene freundschaftlicheVerbundenheit von Jakob Schopmans und Walter Kolb bezeugt nicht zuletzt ein Brief des Bürgermeis- ters, geschrieben am 8. August 1956, wenige Wochen vor seinem Tod, ge richtet an Jakob Schopmans. Kolb stattete am 23. Mai 1951 der GemeindeWalbeck einem Besuch ab. Die„Neue Rhein-Zeitung“ berichtete in ihrer Ausgabe vom 25. Mai 1951: „Hunderte Walbecker begrüßten ihren ehemaligen Bürgermeister, in dessen Begleitung sich unter a derem die Oberstadtdirektoren von Braunschweig, Krefeld und Reckling- hausen, die Stadträte aus München, Bremen sowie Emil Underberg aus Rheinhausen befanden. Dr. Kolb, der besonders seine alten Freunde und Mitarbeiter Lehrer Oppenberg, Rendant Blenskens, Rektor Schmölders und Jakob Schopmans begrüßte, besuchte zunächst die alte Dichterklause, in der er früher Reden und wichtige Entwürfe niederschrieb. Der Musikverein erfreute mit schmissiger Musik. Amtsdirektor Körschgen begrüße in humorvoller Weise seinen Amts- vorgänger, der als tüchtiger Kommunalbeamter bekannt gute Beziehungen zu Holland unterhielt. Dank der zielstrebigen Arbeit von Dr. Kolb, der mit dem Gründer der Spargelbaugenossenschaft, Major a.D. Dr. Klein manche Kontroverse hatte, wurde Walbeck ein Fremdenverkehrszentrum, das jährlich allein 300.000 bis 400.000 DM an Spargel umsetzte. Noch bevor sich die Gäste den schmackhaften Spargel schmecken ließen, sprach Doktor Kolb zur Walbecker Bevölkerung und den Mitgliedern des Musikvereins. Er sagte: „Es berührt mich zutiefst, dass sie mich nicht vergessen haben, wie ich Walbeck nie vergaß, dass für mich in seiner Schönheit und beschaulichen Ruhe, mit seinen vielen Idyllen eine liebe Erinnerung war. Immer bin ich den geraden Weg gegangen, getreu dem Sprichwort: „Der eine fragt, was kommt danach, der andere, was ist jetzt.“ Wir alle wollen in Freiheit und Toleranz zusammenleben und auf treue rheinische Art zusamme stehen“. Weiter wünschte er dem Spargeldorf auch für die Zukunft alles Schöne. Als der Musikverein Walbeck am 6. Juli 1952 sein 75-jähriges Bestehen feierte, gehörte zu den Gästen auch Oberbürgermeister Kolb, unter dessen Schirmherrschaft bereits das Jubelfest zum 50-jährigen Bestehen im Jahr 1927 gestanden hatte. Beim Festakt der Fahnenweihe auf dem Schulhof hielt er die Festansprache und enthüllte die neue Fahne des Musikvereins. Walter Kolb starb am 20. September 1956 und wurde auf dem Hauptfriedhof der Stadt Frankfurt beigesetzt. Zu seiner Beerdigung waren viele Politiker aus nah und fern zugegen. Zu den Traueednern gehörten Bundespräsident Theodor Heuß und der damalige SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer. InWalbeck erinnert nun eine Straße an Walter Kolb und an die Verdienste für das Dorf während se ner kurzen Amtszeit dort.